
Neue Schulden dürfen auch in der Krise nur das allerletzte Mittel sein!
Am 9. März 2006 wurde Dresden mit einer historischen Abstimmung im Stadtrat die erste schuldenfreie Stadt in Deutschland. Damals wurde die städtische Wohnungsbaugesellschaft Woba mit 48000 Wohnungen und 1300 Gewerbeimmobilien an die amerikanische Investorengruppe Fortress verkauft. Der Kaufpreis betrug 1,7 Milliarden Euro, davon blieb nach Abzug aller Verbindlichkeiten der Woba eine knappe Milliarde als Reinerlös übrig.
Demgegenüber standen zu jener Zeit 741 Millionen Euro Schulden bei der Stadt zu Buche. Dresden hatte sich in den Nachwendejahren finanziell übernommen. Der jährliche Schuldendienst betrug vor dem Woba-Verkauf 70 Millionen Euro im Jahr. Das waren zehn Prozent des damaligen Haushaltsbudgets. Jahr für Jahr wurden im Durchschnitt 40 Millionen Euro neue Schulden gemacht.
Ich habe 2006 im Stadtrat selbst für den Verkauf der Woba gestimmt. Noch heute bin ich der Überzeugung, dass diese Entscheidung – trotzt aller Probleme und Risiken – richtig war. Es war gelungen, unserer Stadt wieder Handlungsspielraum zu verschaffen. Investitionen in Schulen, Kitas, der Neubau von Operette und Theater der Jungen Generation (2016), die Sanierung des Kulturpalastes (2017), der Neubau des Rudolf-Harbig-Stadions (2009) und vieles mehr wären ohne den Woba-Verkauf nicht möglich gewesen.
Damals war dem Stadtrat bewusst, dass im Falle einer erneuten Schuldenaufnahme durch die Stadt die neue finanzpolitische Freiheit sehr schnell wieder Geschichte sein könnte. Deshalb wurde noch im selben Jahr ein Verbot der Neuverschuldung in die Hauptsatzung aufgenommen, das trotz allerlei Begehrlichkeiten von Links und – leider immer wieder erfolgreichen – Umgehungstricks seitens der Verwaltung, bis heute unangetastet blieb.
Ich sehe die Gefahr, dass von linker Seite die Corona-Krise jetzt missbraucht wird, um das von ihr verhasste Schuldenverbot abzuräumen. Wir als AfD-Fraktion sind uns bewusst, dass unsere Stadt vor der größten finanzpolitischen Herausforderung der letzten Jahrzehnte steht. Es ist ein dramatischer Rückgang der Einnahmen erwarten (Halbierung???) und wahrscheinlich auch mehr Ausgaben im Sozialbereich aufgrund der wirtschaftlichen Verwerfungen. Um konkret sagen zu können, wie schlimm es wirklich ist und einigermaßen belastbare Zahlen zu erhalten, müssen wir müssen die Steuerschätzung Ende Mai abwarten. Fest steht aber, dass es dramatisch sein wird. Künftig werden wir jeden Euro Steuereinnahmen nicht nur zweimal, sondern drei oder viermal umdrehen müssen, bevor wir ihn ausgeben. Auf unsere Stadt kommen harte Zeiten zu.
Zu einer seriösen Finanzpolitik gehört es, nicht sofort nach neuen Schulden zu rufen. Erst müssen wir genau anschauen, wofür wir als Stadt in Zukunft noch Geld ausgeben wollen und können. Es gibt einen großen Anteil an Pflichtausgaben. Die sind gesetzt. Aber wir haben auch freiwillige Leistungen und eine Reihe von Luxusausgaben. Hier muss der Rotstift angesetzt werden – auch wenn es unpopulär ist und weh tut. Das bedeutet, dass wir in den unterschiedlichsten Bereichen Projekte nicht weiterführen können und einzelne Einrichtungen schließen oder nicht mehr mit Fördermitteln unterstützen können. Konkrete Vorschläge wird die AfD-Fraktion im Rahmen der Haushaltsberatungen vorlegen. Wir können uns z. B. vorstellen, die Sanierung des Fernsehturms zu verschieben.
Wir sind als Stadträte nicht nur für Schön-Wetter-Politik gewählt worden. Wir müssen auch den Mut aufbringen, dem einen oder anderen weh zu tun, wenn es für das Wohl der Stadt als Gesamtheit erforderlich ist. Dazu gehört auch, dass wir unsere Stadt nicht wieder in die Schuldenspirale zwingen. Das würde uns künftig die Luft für Investitionen nehmen. Und wir wären innerhalb weniger Jahre wieder dort, wo wir vor dem (in der AfD durchaus kritisch geschehen) Verkauf der Woba standen und hätten letztlich nichts gewonnen, sondern nur unser Kapital verfrühstückt.
Ich verwehre mich dagegen, jetzt neue Schulden aufzunehmen, um einfach so weitermachen zu können, wie bisher. Wir haben schon in unserem Kommunalwahlprogramm festgelegt, dass für die AfD neue Schulden nur das allerletzten Mittel sind. Wir haben uns gegen die Aufnahme von neuen Schulden oder Bürgschaften ausgesprochen, es sei denn, sie werden für Investitionen eingesetzt und durch einen Bürgerentscheid genehmigt. Das ist gegenwärtig nicht in Sicht.
Somit besteht für uns gegenwärtig keinerlei Veranlassung, das Schuldenverbot in der Hauptsatzung in Frage zu stellen. Jeder Euro Schulden, den eine Stadt, eine Gemeinde, ein Bundesland oder die BRD aufnimmt, ist ein Euro, mit denen wird unseren Kindern und möglicherweise sogar Kindeskindern auf der Tasche liegen. Wenn überall von Nachhaltigkeit die Rede ist, so muss das ganz besonders auch für die öffentlichen Finanzen gelten. Das sind wir unserem Land schuldig. Ich bleibe auch in der Corona-Krise bei meiner Devise: Es ist genug Geld vorhanden – es muss nur richtig verteilt werden!