Verwaltungsgericht Köln: Verfassungsschutz darf AfD nicht mehr als Prüffall bezeichnen
Wenn er will, funktioniert der deutsche Rechtsstaat funktioniert also doch noch! So geschehen heute, am 26. Februar 2019, in Gestalt eines Beschlusses des Verwaltungsgerichts Köln. Darin hat das Gericht dem Bundesamt für Verfassungsschutz untersagt, die AfD als “Prüffall” zu bezeichnen. Eine schallende Ohrfeige für die Bundesregierung und vor allem die SPD. War sie es doch, die den politisch nicht korrumpierbaren, langjährigen Präsidenten des Bundesamt für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, aus dem Amt gejagt hatte.
Sein Nachfolger hatte dann nichts Eiligeres zu tun, als gegen die AfD eine juristisch höchst zweifelhafte, dafür aber im ostdeutschen Landtagswahljahr 2019 politisch um so willkommenere Attacke zu reiten. Auf einer Pressekonferenz am 15. Januar hatte der die größte Oppositionspartei zum “Prüffall” erklärt und damit eine neue Begrifflichkeit außerhalb der Rechtsgrundlagen in die Welt geworfen, für die es keinerlei Rechtsgrundlage gibt. Die Jungendorganisation der AfD, die Junge Alternative (JA) und die innerparteiliche, nationalkonservative Bewegung “Der Flügel” wurde sogar zum “Verdachtsfall” erklärt. Das ermöglicht die Beobachtung mit nachrichtendienstlichen Mitteln, einschließlich der Einschleusung von V‑Leuten.
Der Verfassungsschutz hatte im Vorfeld ein umfangreiches Gutachten erstellen lassen. Obwohl geheim, wurde es an zahlreiche Vertreter der Mainstreampresse durchgestochen. Der AfD selbst wurde dagegen eine Einsichtnahme auf offiziellem Wege verweigert, sodass von vornherein eine Verteidigung gegen die nun mannigfaltig über die Partei und einzelne Mitglieder hereinprasselnden Diffamierungen nur schwer möglich war.
Das Portal “Netzpolitik.org” sah in dem “nur für den Dienstgebrauch” vorgesehenen Gutachten allerdings ein Dokument der Zeitgeschichte und stellte das 436 Seite lange Papier schließlich ins Internet, um es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Seit dem kann Jeder nachlesen, dass sich der Verfassungsschutz darin zu erheblichen Teilen auf Linksextremistischen als Quellen bezieht und zudem über zahlreiche größere und kleinere Fehler den Kopf schütteln.
Das Verwaltungsgericht Köln hat sich heute zwar — leider — nicht inhaltlich mit der Affäre auseinandergesetzt, aber doch der Konstruierung eines “Prüffalls AfD” die Absage erteilt. Es konnte nämlich keine Rechtsgrundlage dafür finden, damit ein Partei zum “Prüffall” erklärt wird. Diese sei aber nach der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht erforderlich, um in die Rechte einer politischen Partei eingreifen zu können. Durch diese Einstufung werde die AfD in der Öffentlichkeit nämlich in ein schlechtes Licht gerückt. Wörtlich heißt es dazu in der Pressemitteilung:
“Der Bezeichnung als „Prüffall“ komme in der Öffentlichkeit eine negative Wirkung zu. Dieser Eingriff in die Rechte der AfD aus dem Parteiengrundrecht des Art. 21 GG und dem auch einer Partei zuzuerkennenden Persönlichkeitsrecht sei mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig und auch unverhältnismäßig. Da das Bundesamt die Abgabe einer Unterlassungserklärung abgelehnt habe und sein Vorgehen für rechtmäßig halte, bestehe auch eine Wiederholungsgefahr. Dem Antrag sei zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes schon im Eilverfahren stattzugeben gewesen, weil im Mai 2019 die Europawahl und im Mai, September und Oktober Landtagswahlen anstehen, an denen die AfD teilnehmen will.”
Dem Bundesamt für Verfassungsschutz steht nun noch der Rechtsweg der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster offen. Es bleibt abzuwarten, ob der Verfassungsschutz weiter auf dem Holzweg marschieren will. Denn auch eine Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes (PDF) hatte bereits vor der Gerichtsentscheidung keine Rechtsgrundlage für die Einstufung der AfD in der Öffentlichkeit als “Prüffall” erkennen können.