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13. Februar-Gedenkstätte auf dem Altmarkt: Stele statt Inschrift

Heute hat­te ich die Gele­gen­heit, den “Ort des Frev­els” genau in Augen­schein zu nehmen. Die Inschrift zum Gedenken an die auf dem Alt­markt in Dres­den ver­bran­nten Opfer des alli­ierten Bomben­ter­rors von 13./14. Feb­ru­ar 1945 befand sich an der stein­er­nen Balustrade eines der Tief­gara­gene­ingänge.

Man sieht deut­lich an der Beschaf­fen­heit des Steins, wo die Schicht mit der Inschrift abge­tra­gen wurde. Ich kann mir nicht erk­lären, warum das im Rah­men von Bauar­beit­en auf dem Alt­markt jet­zt plöt­zlich notwendig gewe­sen sein soll? 

Die Steinele­mente mit der Inschrift blieben im Rah­men der vor über einem Monat — im Novem­ber 2023 — abgeschlosse­nen Bauar­beit­en unberührt. Es ist lediglich — gemäß Stad­trats­beschluss — das Pflaster erneuert wor­den (jet­zt geschnittenes Pflaster) und die im Boden versenk­ten Elek­troan­schlüsse für Mark­t­bu­den.

Mit­tler­weile wis­sen wir durch eine Pressemit­teilung, dass sich der Ober­bürg­er­meis­ter auf einen ural­ten “Beschluss” aus dem Jahre 2019 (also aus der vorheri­gen Wahlpe­ri­ode!) beruft, der aber kein­er war und den es wohl auch nie gegeben hat:

“Im Rah­men des Umbaus des Alt­mark­ts wurde bere­its 2019 in Absprachen zwis­chen dem Amt für Stadt­pla­nung und Mobil­ität, dem Amt für Kul­tur und Denkmalschutz, der AG 13. Feb­ru­ar und dem Amt für Wirtschafts­förderung entsch­ieden, die Mah­n­male zur Erin­nerung umzugestal­ten. Ergeb­nis dieser Absprachen war, dass die Gravur in der Lehne der Sitzbank, die gle­ichzeit­ig Umfas­sung des Abgangs zur Tief­garage ist, ent­fer­nt wird.”

Mit­glieder der AG 13. Feb­ru­ar wis­sen nichts von der­ar­ti­gen Absprachen. FDP-Stad­trat Hol­ger Haase schreibt bei Face­book:

“Dies halte ich für eine glat­te Notlüge. Als Mit­glied der AG 13. Feb­ru­ar und des Kul­tur­auss­chuss­es ist mir ein solch­es Vorhaben nicht bekan­nt. Das wurde in diesen Gremien nie berat­en und es gab dazu auch keine poli­tis­che Entschei­dung.”

Es gab gestern zudem eine “Entschuldigung für die schlechte Kom­mu­nika­tion seit­ens der Stadt”. Das macht den Vor­gang aber nicht eben­falls bess­er. Bekan­ntlich gibt es in Dres­den Ele­mente aus der sog. „Zivilge­sellschaft“, die seit Jahren daran arbeit­en, das Leid der Opfer zu rel­a­tivieren und das Gedenken der Dres­d­ner Bürg­er an einige der schlimm­sten Tage ihrer Stadt auszulöschen. Ein poli­tis­ches Zugeständ­nis der Rathausspitze? Was ist die Gegen­leis­tung?

Inter­es­sant ist auch: 2020 war die jet­zt ent­fer­nte Inschrift mit schwarzen Farbe beschmiert wor­den. Anstatt sie schon damals — wie ange­blich geplant — gle­ich zu ent­fer­nen, ist die Inschrift aber wieder gere­inigt wor­den. Ich finde das merk­würdig…

In eini­gen Tagen soll nach Angaben der Stadt erneut eine Stele errichtet wer­den, die anstelle der stein­er­nen Inschrift auf den Ort der Ver­bren­nung der Leich­name tausender Opfer der Luftan­griffe auf Dres­den hin­weisen soll. Eine Stele hat­te es schon vor den Bauar­beit­en zeitweilig gegeben. Sie war sein­erzeit geschaf­fen wor­den, um die als unzure­ichend emp­fun­dene Gedenkstätte aufzuw­erten. Ein würdi­ger Gedenko­rt kann so eine Stele allein mit Sicher­heit nicht sein. Die im Pflaster durch gegossenes Met­all sicht­bar gemachte Stätte der Toten­ver­bren­nung ist kaum wahrnehm­bar und während der Mark­t­tage und — wie derzeit — bei Schnee über­haupt gar nicht sicht­bar.

Auch der Text auf der neuen Stele ist wed­er mit dem Kul­tur­auss­chuss noch mit dem neu einge­set­zten Beirat für Erin­nerungskul­tur (dessen Kon­sti­tu­ierung noch ausste­ht) abges­timmt wor­den. Der Text der Stele soll laut­en:

“An dieser Stelle wur­den von Ende Feb­ru­ar bis Anfang März 1945 die Leichen von 6.865 Men­schen ver­bran­nt. Ihre Asche wurde auf dem Hei­de­fried­hof in einem Mas­sen­grab beige­set­zt. Sie waren Opfer der Bombe­nan­griffe auf Dres­den vom 13. bis zum 15. Feb­ru­ar 1945, bei denen 25.000 Men­schen ihr Leben ver­loren. Der Kün­stler Ein­hart Grotegut hat 2005 – zum 60. Jahrestag des Gedenkens – eine met­al­lene Erin­nerungsspur im Pflaster des Platzes einge­bracht. Außer­dem ist der Alt­markt durch ein „Mah­n­de­pot“ gekennze­ich­net, das den Ort als Teil der Erin­nerungs­geschichte des Zweit­en Weltkrieges markiert. 

Seit 1945 ist der 13. Feb­ru­ar ein­er der wichtig­sten Gedenk­tage in der Lan­deshaupt­stadt Dres­den. Seit­dem wurde der Gedenk­tag wieder­holt poli­tisch instru­men­tal­isiert und umgedeutet. Am 13. Feb­ru­ar wird der Opfer der Bom­bardierung infolge des von Deutsch­land begonnenen Zweit­en Weltkrieges und der Mil­lio­nen Toten der nation­al­sozial­is­tis­chen Gewaltherrschaft gedacht. 

Dres­den ist sich der his­torischen Ver­ant­wor­tung für diese Men­schheitsver­brechen bewusst. Dieses Gedenken mah­nt dazu, den Frieden in Europa und weltweit zu erhal­ten und zu fördern.”

Diese Inschrift weist neben der sowieso wis­senschaftliche zweifel­haften Gesam­topfer­zahl von 25.000 exakt die Zahl von 6.865 bis zum Mai 1945 auf dem Alt­markt ver­bran­nten Leichen von Bombenopfern auf. Dass diese Zahl nur eine Zwis­chen­bi­lanz darstellt und his­torisch falsch ist, wurde längst nachgewiesen.

Die “erin­nerungspoli­tis­che” Ver­men­gung des Gedenkens an den alli­ierten Bombe­nan­griff mit dem Gedenken an die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus wird wed­er dem spez­i­fis­chen Schick­sal der jew­eili­gen Opfer­grup­pen noch der Notwendigkeit ein­er Erin­nerung an sie gerecht, die nicht ins Formel­hafte abgleit­et. Der Text nimmt eine ein­seit­ige geschicht­spoli­tis­che Vere­in­nah­mung des alli­ieren Bombe­nan­griffs auf Dres­den (und let­ztlich alle anderen deutschen Städte) vor, die durch den Ober­bürg­er­meis­ter dem Diskurs in der Öffentlichkeit und im demokratisch gewählten Stad­trat und seinen Gremien voren­thal­ten wurde.

Der Text der Stele am Denkmal für die Bombenopfer in Dres­den-Nick­ern, die dort 2022 aufgestellt wurde, ist dage­gen das Ergeb­nis har­ter Debat­ten im Kul­tur­auss­chuss. Warum wur­den die zuständi­gen Gremien bei der Nick­ern­er Stele gefragt, bei der auf dem Alt­markt aber nicht?

Die AfD-Frak­tion bemüht sich seit Jahren, das Gedenken an den 13. Feb­ru­ar lebendig zu hal­ten und würdi­ge Stät­ten der Erin­nerung zu schaf­fen. Dazu gehört auch eine Gedenkstätte im Stadtzen­trum, die sowohl den Nachkom­men der Opfer und den Bürg­ern der Stadt eine Stätte indi­vidu­ellen und gemein­samen Gedenkens bietet, als auch die Öffentlichkeit über die his­torischen Ereignisse frei von erin­nerungspoli­tis­ch­er Vere­in­nah­mung informiert.

Ein Blick auf die Hin­ter­gründe und Zielset­zun­gen der Rel­a­tivierung des 13. Feb­ru­ars im Rah­men des wok­en Geschicht­sre­vi­sion­is­mus bietet ein Artikel von Benedikt Kaiser aus der Sezes­sion von 2025.