Blick vom Landhaus (Stadtmuseum) auf die Wilsdruffer Straße in Richtung Rathaus
Reden,  Stadtrat

Frischer Wind ins Dresdner Rathaus!

Ich hat­te zum heuti­gen (12. Mai 2022) TOP 8 der Stad­tratssitzung “Ergeb­nis der Prü­fung des Jahresab­schlusses 2020” auch noch eine Rede vor­bere­it­et, die nur “bei Bedarf” zu hal­ten gewe­sen wäre. Wir haben den Punkt ohne Debat­te beschlossen. Da ich im Manuskript ein paar inter­es­sante Gesicht­spunk­te zum Finanzge­baren der Stadt erörtere, gibts das hier zum (Nach-)Lesen: 

Sehr geehrter Herr Ober­bürg­er­meis­ter, sehr geehrte Damen und Her­ren!

Ich hat­te es vorhin bei der Aktuellen Stunde schon erwäh­nt: Die Lan­deshaupt­stadt Dres­den schiebt einen riesi­gen Berg nicht-real­isiert­er Investi­tio­nen vor sich her. Und das schon seit Jahren! Seit Jahren wird genau das vom Rech­nung­sprü­fungsamt bemän­gelt. Ich zitiere aus dem Hand­out zum Schluss­bericht von 2020:

„In der Stadtkasse lagen zum Jahre­sende 2020 ungenutzt Mil­lio­nen von Steuergeldern. Durch Auszahlungsreste baut sich nicht nur ein Liq­uid­itäts­berg, son­dern auch ein rel­a­tiv unüber­sichtlich­er Neben- oder Schat­ten­haushalt auf. Damit dro­ht die Trans­parenz des Haushalts für Stad­trat und Bürg­er­schaft ver­loren­zuge­hen.“

Ich habe nachgeschaut, wie hoch die Beträge waren, die in den let­zten Jahren von Jahr zu Jahr weit­erg­ere­icht wur­den. Sie bewe­gen sich seit 2015 zwis­chen 250 und 375 Mil­lio­nen. Die größten Anteile ent­fall­en jew­eils auf das Schul­ver­wal­tungsamt und das Straßen- und Tief­bauamt.

Für mich heißt das: Bei Schulen und Straßen hat die Ver­wal­tung zwar viel vor, bekommt’s aber nicht umge­set­zt. Die hohen Auszahlungsreste liegen zu einem wesentlichen Teil an der unzure­ichen­den Pla­nungstiefe der Vorhaben. Ist ein Pro­jekt poli­tisch gewollt, wird es schon mal Pi mal Dau­men in den Haushalt eingestellt. Kann es aber wegen fehlen­der Pla­nungsleis­tun­gen nicht mehr im sel­ben Haushalt­s­jahr begonnen wer­den, fließen die vorge­se­henen Haushaltsmit­tel nicht ab und wer­den auf das Fol­ge­jahr über­tra­gen. 

Das Rech­nung­sprü­fungsamt sieht das mit Blick auf die ein­deuti­gen Vor­gaben in § 12 Absatz 3 der Kom­mu­nal­haushaltsverord­nung als prob­lema­tisch an. Find­i­ge und böswillige Entschei­dungsträger der Ver­wal­tung kön­nten mit­tels großzügig geschätzter Planan­sätze in Ver­suchung ger­at­en, auf diese Weise entwed­er Gelder am Stad­trat vor­bei zu bunkern oder Liebling­spro­jek­te und ide­ol­o­gis­che Steck­enpferde von vorn­here­in bil­liger zu rech­nen, als sie am Ende sind.

Das Anhäufen von Mil­lio­nen­be­trä­gen bringt noch eine weit­ere Gefahr mit sich. Zwar geht die Ära der Strafzin­sen zu Ende, aber dafür ist im April die Infla­tion­srate auf 7,4 Prozent gestiegen. Unser Geld ver­liert an Wert. Gegen­wär­tig schwindet die Kaufkraft unser­er Auszahlungsreste um etwa 25 Mil­lio­nen im Jahr. Ich möchte noch einige weit­ere Kri­tikpunkt im Schluss­bericht 2020 her­aus­greifen: Da ist die fehlende IT- und Dig­i­tal­isierungsstrate­gie: und zwar abrechen­bar, con­trol­ingfähig und mit entsprechen­den Preiss­childern verse­hen.

Da muss man sich nicht wun­dern, wenn es immer noch an den Grund­la­gen fehlt: Bis­lang liegt nicht mal in allen Ver­wal­tungs­ge­bäu­den das städtis­che WLAN an. Stich­wort: Stadt­bezirks-Rathäuser wie in Plauen. Äußerst misslich für uns Stadt­bezirks­beiräte. Über­haupt scheint unsere Ver­wal­tung mit der Steuerung und Überwachung von Ver­wal­tung­sprozessen auf Kriegs­fuß zu ste­hen: Das wurde unter ver­schiede­nen Aspek­ten von den Rech­nung­sprüfern eben­falls bean­standet. Beispiel­sweise kön­nten baube­glei­t­ende Prü­fun­gen dem Steuerzahler eine Menge Geld eins­paren!

Vielle­icht würde auch die Qual­ität der Ver­wal­tungsvor­la­gen wieder bess­er und nicht schlechter wer­den. Es geht dabei längst nicht – wie vor unser­er Frak­tion regelmäßig bemän­gelt – nur um wüstes Gen­dern, son­dern um aus­re­ichend recher­chierte und nachvol­lziehbare Begrün­dun­gen.

Die Kon­se­quen­zen sind für mich klar: Dres­den braucht drin­gend frischen Wind an der Ver­wal­tungsspitze und Fach­leute an der Spitze der einzel­nen Geschäfts­bere­iche, die fähig und wil­lens sind, alte Hausauf­gaben – wie diese hier – endlich abzuar­beit­en und neue Her­aus­forderun­gen zum Wohle unsere Stadt und ihrer Bürg­er zu meis­tern!