Blick vom Landhaus (Stadtmuseum) auf die Wilsdruffer Straße in Richtung Rathaus
Anfragen

Dresden arbeitet auch weiterhin mit russischen Künstlern zusammen

In den let­zten Wochen und Monat­en sind aus anderen Teilen Deutsch­lands immer wieder Fälle bekan­nt gewor­den, wo offen­bar aus poli­tis­chen Grün­den, Verträge mit rus­sis­chen Kün­stlern aufgekündigt wur­den. Grund genug, der Sache in Dres­den auf den Grund zu gehen. Ich war pos­i­tiv über­rascht, dass in Dres­den geopoli­tis­che Auseinan­der­set­zun­gen bis­lang offen­bar fol­gen­los geblieben sind???

Hier der Text der Antwort auf meine Anfrage an den Ober­bürg­er­meis­ter zur “Zusam­me­nar­beit der Lan­deshaupt­stadt Dres­den mit rus­sis­chen Ein­rich­tun­gen” (AF2297/22). Die orig­i­nale Rechtschrei­bung wurde unverän­dert über­nom­men. Vom “Gegen­dere” der Ver­wal­tung dis­tanziere ist mich aus­drück­lich!

Sehr geehrte Frau Dr. Schöps,

zu Ihrer Anfrage erlaube ich mir zunächst den Hin­weis, dass mein­er Ansicht nach kein Anspruch auf Beant­wor­tung beste­ht, weil sie ent­ge­gen § 19 Abs. 1 G[eschäftsordnung des] S[tadt]R[ates] nicht “knapp gehal­ten” ist und weil sie keine einzelne Angele­gen­heit im Sinne von § 28 Abs. 6 Sächs­Ge­mO bet­rifft. (…)

Soweit ich ein eigenes Inter­esse an der Beant­wor­tung der Anfrage habe, beant­worte ich diese ohne Anerken­nung ein­er Recht­spflicht und ohne Bindungswillen für kün­ftige ver­gle­ich­bare Kon­stel­la­tio­nen wie fol­gt:

1. „Welche Koop­er­a­tio­nen von wis­senschaftlichen, kün­st­lerischen oder kul­turellen Ein­rich­tun­gen der Lan­deshaupt­stadt Dres­den gibt es derzeit mit entsprechen­den rus­sis­chen Ein­rich­tun­gen?”

Das Europäis­che Zen­trum des Kün­ste Heller­au (EZKH) hat im Jan­u­ar 2020 das Fes­ti­val „Karus­sell — zeit­genös­sis­che Posi­tio­nen rus­sis­ch­er Kun­st” ver­anstal­tet. Das Fes­ti­val fand im Wesentlichen mit der unab­hängi­gen freien The­ater- und Per­for­manceszene statt, mit kri­tis­chen Stim­men und Nichtregierung­sor­gan­i­sa­tio­nen.

Die Pro­duk­tion “Schlachthof 5” in der Regie von Max­im Didenko und der Kom­po­si­tion von Vladimir Ran­nev wurde im Sep­tem­ber 2020 im EZKH uraufge­führt, und in der konz­er­tan­ten Ver­sion im Feb­ru­ar 2022 nochmals zur Auf­führung gebracht.

In der Spielzeit 2020/21 hat­te das EZKH eine Koop­er­a­tion mit der rus­sis­chen Kün­st­lerin und Kura­torin Vic­to­ria Lomasko. Im Rah­men der Koop­er­a­tion doku­men­tierte sie ihren All­t­ag in Rus­s­land in grafis­chen Reporta­gen. Die dabei ent­stande­nen Bilder wur­den regelmäßig auf den Social Media Seit­en des EZKH veröf­fentlicht wur­den.

Viele der rus­sis­chen Kün­stler *innen[sic!] und Teil­nehmer *innen mussten das Land auf­grund ihrer klaren Hal­tung gegen den rus­sis­chen Angriff­skrieg ver­lassen, einige wur­den ent­lassen, einige Organ­i­sa­tio­nen kön­nen nicht mehr weit­er arbeit­en oder wur­den aufgelöst wie z.B. memo­r­i­al. Zu den einzel­nen Akteur* innen beste­hen weit­er­hin Kon­tak­te und Aus­tausch.

Das Soci­et­sthe­ater arbeit­et derzeit mit kein­er rus­sis­chen Ein­rich­tung zusam­men. Eine Zusam­me­nar­beit mit der The­ater­plat­tform Sko­ro­hod in St.Petersburg ist seit 2019 in Vor­bere­itung und die Anbah­nung wird derzeit auch ungeachtet des Krieges in der Ukraine weit­er­be­trieben.

Die weit­eren städtis­chen Kul­turein­rich­tun­gen unter­hal­ten aktuell keine Koop­er­a­tio­nen mit rus­sis­chen kul­turellen Ein­rich­tun­gen.

2. Welche davon wur­den oder wer­den been­det bzw. aus­ge­set­zt, welche davon fort­ge­führt?

Siehe Beant­wor­tung unter Frage 1.

3. Nach welchen Kri­te­rien wer­den diese Entschei­dun­gen jew­eils getrof­fen?

Alle sich daraus abzulei­t­en­den Entschei­dun­gen beruhen auf kün­st­lerischen Kri­te­rien. Darüber hin­aus wird auf die Beant­wor­tung unter Frage 1 ver­wiesen.

4. Beste­hen derzeit Engage­ments rus­sis­ch­er Kün­stler in Kul­turein­rich­tun­gen der Lan­deshaupt­stadt Dres­den? Wie soll damit aus Sicht der Lan­deshaupt­stadt weit­er ver­fahren wer­den?

Die Dres­d­ner Phil­har­monie arbeit­et auch weit­er­hin mit rus­sis­chen Gästen zusam­men. Dabei han­delt es sich um freis­chaf­fende Kün­stler* innen, die keine insti­tu­tionelle Ver­ant­wor­tung in Rus­s­land tra­gen.

Im EZKH ist derzeit kein konkretes Pro­jekt geplant, aber es gibt einen Aus­tausch mit eini­gen Akteur* innen der staatlich unab­hängi­gen Kul­tur- und Kun­st­szene.

An der Staat­sop­erette Dres­den sind drei Kün­stler* innen mit rus­sis­ch­er Nation­al­ität engagiert.

Im Soci­etaet­sthe­ater gibt es gegen­wär­tig keine rus­sis­chen Gast­spiele. Für 2023 sind Gast­spiele mit rus­sis­chen Kün­stler* innen geplant.

5. Sind infolge der Ukrainekrise bere­its Ver­tragsver­hält­nisse mit einzel­nen Kün­stlern oder Ensem­bles been­det wor­den? Wird seit­ens der Lan­deshaupt­stadt Dres­den in diesem Zusam­men­hang von den betrof­fe­nen Kun­st- und Kul­turschaf­fend­en eine öffentliche per­sön­liche Posi­tion­ierung zum Ukrainekon­flikt erwartet?

Nein, bish­er sind auf­grund des Kriegs in der Ukraine keine Ver­tragsver­hält­nisse mit einzel­nen Kün­stler* innen been­det wor­den. Darüber hin­aus erwarten wir öffentliche Posi­tion­ierun­gen nicht. Men­schen­ver­ach­t­ende, ras­sis­tis­che Äußerun­gen, sowie Äußerun­gen, die die Sou­veränität ander­er in Frage stellen, lehnen wir ab und kom­mu­nizieren das mit den Kün­stler *innen und Koop­er­a­tionspart­ner* innen, mit denen wir arbeit­en. Soll­ten solche Äußerun­gen über das Maß des Disku­tier­baren hin­aus­ge­hen, wären Über­legun­gen zum Abbruch von Koop­er­a­tio­nen denkbar.

6. Welche konkreten Fol­gen hat oder hätte die Beendi­gung von Koop­er­a­tio­nen und die Kündi­gung von Verträ­gen mit Kün­stlern für die Lan­deshaupt­stadt Dres­den? Sind Mehraufwen­dun­gen oder Schadenser­satz­forderun­gen zu erwarten? Wenn ja, in welch­er Höhe?

Das wird auf Seit­en der Kul­turein­rich­tun­gen der Lan­deshaupt­stadt Dres­den nicht erwartet. Deshalb kann dazu keine Aus­sage getrof­fen wer­den.