
Meine Rede zur Wahl des Beigeordneten für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften am 24. September 2020 (Text)
Hier die komplette Fassung meiner Rede vom 24. September 2020. Leider ist das Manuskript etwas zu ausführlich geraten, sodass ich am Rednerpult kürzen musste. Das Video folgt.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bewerber um das Amt des Baubürgermeisters,
sehr geehrte Damen und Herren!
Zur Wahl des Beigeordneten für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften und der dazu vorangegangenen Ausschreibung ist eigentlich schon das meiste gesagt worden. Unsererseits ist vor allem kritisiert worden, dass der neue Amtsinhaber von seiner Partei bereits öffentlich ausgerufen wurde, bevor der Stadtrat überhaupt die Ausschreibung der Stelle beschlossen hatte. Also zu einem Zeitpunkt als überhaupt noch gar nicht feststand, welche Kriterien für die Besetzung der Stelle gelten sollen.
Von den Grünen wurde immer wieder verkündet, man habe einen Anspruch auf den Posten. Das sei so vereinbart worden, um politische Stabilität zu gewährleisten. Damit meinen Sie wohl eher politische Macht und Deutungshoheit, denn bei Ihrem Bürgermeisterdeal bleibt ein Großteil des Stadtrates und damit tausende Dresdner Wähler von vornherein außen vor.
Ihr Anspruch wird nicht von einem Gesetz, nicht mal einer Verordnung oder Satzung gestützt, sondern allein durch ein Bündnis der Angst auf allen politischen Ebenen. Angst davor, dass sich der Souverän – das deutsche Volk – den Staat, den sich die neuen Blockparteien zur Beute gemacht haben, zurückholen könnte.
Auch im Dresdner Stadtrat ist die CDU nun ein willfähriger Steigbügelhalter der Links-Rot-Grünen geworden. Bürgerlich war gestern. Als Lohn dafür gibt‘s zwei Bürgermeisterposten, auch wenn man sich bis zur Unkenntlichkeit verbiegen muss.
Vielleicht haben Sie sich ja im Vorfeld sogar mal mit der Rechtsnatur von Koalitionsverträgen befasst. Diese Frage ist in der Wissenschaft umstritten, man könnte mit ihrer Erörterung einige Regalmeter in den juristischen Bibliotheken füllen! Einig sind sich die Juristen aber dahingehend, dass Koalitionsverträge rechtlich nicht binden und damit gerichtlich weder einklagbar noch vollstreckbar sind.
Streng genommen handelt es sich bei der am 4. März 2020 von Grünen, Linken, SPD und CDU unterzeichneten schriftlichen Vereinbarung zur Aufteilung der Fleischtöpfe im Dresdner Rathaus (sprich: Besetzung der Beigeordnetenstellen) auf die Sie sich berufen, nicht einmal um einen Koalitionsvertrag.
Auch wenn die linke Seite des Stadtrats (links ist für mich mittlerweile links von Herrn Genschmar) hier gerne Parlament spielt, so muss ich Sie enttäuschen: Wir sind nur Teil der mittelbaren Staatsverwaltung – also Exekutive und nicht Legislative. Damit gibt’s auch keine Koalitionen samt dazugehörigen Verträgen auf kommunaler Ebene. Es gibt keine Regierung und keine Opposition.
Kommunalpolitik ist nämlich gar keine Politik im parlamentarischen Sinne, sondern zeichnet sich – und das seit Ende des 19. Jahrhunderts – dadurch aus, dass sie ihr Hauptaugenmerk anstatt auf parteipolitische Auseinandersetzungen auf den Austausch über Sachfragen richtet. Lesen Sie mal Stadtratsprotokolle aus der Kaiserzeit! Das war damals selbst in Dresden Konsens.
In vielen sächsischen Gemeinden funktioniert das auch bis heute. In Dresden aber leider nicht mehr. Hier ist dieselbe ideologische Blockbildung zu einer neuen neo-sozialistischen Nationalen Front zu beobachten, wie auf Landes- und Bundesebene.
Dafür ist auch die Sächsische Gemeindeordnung nicht gemacht. Man sollte hinterfragen, wie praxistauglich z.B. die Vorschriften zur Besetzung der Beigeordnetenstellen noch sind. Es kann doch nicht im Sinne eines demokratischen Rechtsstaates sein, dass ein Wahlverfahren und das damit verbundene Ausschreibungsverfahren derart zur Farce verkommen kann.
Ob das Verfahren rechtlich sauber ist, obliegt möglicherweise der Beurteilung durch die Gerichte. Das politische Zeichen, was vor allem Sie als GRÜNE hier setzen, ist auf jeden Fall verheerend: Das Urteil der Bürgerschaft liegt irgendwo zwischen „Arroganz der Macht“ und „politischer Dummheit“.
Ich sage: Wir haben hier wieder einmal ein Paradebeispiel dafür, wie durch die Politik selbst die Erosion des Staates und seiner Institutionen weiter vorangetrieben wird. Ich könnte zu diesem Thema den ganzen Abend referieren!
Wenn Sie das Vertrauen in die Politik weiter erschüttern,
den Riss in unserer Gesellschaft weiter vertiefen,
Zweifel an der Demokratie weiter säen,
Politikverdrossenheit weiter befördern,
wenn Sie die Loslösung der politischen Kaste von der Basis, dem deutschen Volk, weiter vorantreiben wollen,
dann kann man Ihnen gratulieren: Sie sind auf dem richtigen Weg!
Die AfD-Fraktion wird sich an diesem Schauspiel nicht beteiligen: Wir haben trotzdem mit der Ausschreibung außeinander gesetzt, alle sieben Bewerber zum Gespräch eingeladen. Einige – auch Herr Kühn – haben die Einladung angenommen und sich persönlich davon überzeugt, dass wir keine kleinen Kinder essen.
Ich bin der Überzeugung, dass wir unter anderen Umständen deutlich mehr Bewerber zur Auswahl hätten. Wer soll sich denn noch auf eine Ausschreibung bewerben, wenn bereits von vornherein feststeht und er es in der Zeitung lesen kann, dass er diese Stelle nie bekommt?
Deshalb wird die AfD-Fraktion heute nicht an der Wahl des Beigeordneten teilnehmen!
Wir hätten uns für Dresden einen Baubürgermeister,
- der fachlich für diese Herausforderung bestmöglich qualifiziert ist,
- einschlägige Berufserfahrung vorweisen kann,
- der soviel Verwaltungserfahrung mitbringt, wie für die Führung dieses nicht ganz einfachen Geschäftsbereichs mit mehreren hundert Mitarbeitern erforderlich ist und
- dem unsere Stadt und das Wohlergehen ihrer Bürger wichtiger ist als ideologische Glaubenssätze und das eigene Parteibuch.