Wahlen

Die CDU hat’s immer noch nicht kapiert und “AKK” schon gar nicht

Zunächst möchte ich mich bei allen meinen zahlre­ichen Wäh­lern und vor allem natür­lich bei den vie­len Helfern und Unter­stützern im Wahlkampf bedanken.

Obwohl es noch gut zwei Wochen dauern wird, bevor das Ergeb­nis für Dres­den fest­ste­ht, kann ich schon davon aus­ge­hen, dass ich gewählt bin. (Ich habe selb­st die Rei­hung nach d’Hond nachgerech­net.) [Nach­trag: Über­raschend wur­den heute dann doch die vor­läu­fi­gen Ergeb­nisse bekan­nt gegeben: Ich wurde gewählt!]

Mit ins­ge­samt 10513 Stim­men habe ich von allen Kan­di­dat­en die drit­thöch­ste Zahl an absoluten Stim­men erre­ichen kön­nen. Gle­ich­wohl haben auch in meinem Wahlkreis die Grü­nen die Nase vorn.

Die AfD ist in Sach­sen aber trotz­dem stärk­ste Partei gewor­den. Selb­st in Dres­den hat­ten wir bei der Europawahl die Nase vorn. Zwar liegt bei der Kom­mu­nal­wahl die CDU noch in Dres­den immer hauchdünn vor der AfD, aber es ist nur der zweite Platz hin­ter den Grü­nen und an den her­ben Stim­men­ver­lus­ten wird sich auch nach der Auszäh­lung der restlichen sechs Stimm­bezirke mit Sicher­heit nichts mehr ändern. Also drin­gen­der Hand­lungs­be­darf bei der CDU, wenn sie am 1. Sep­tem­ber bei der Land­tagswahl nicht noch mal baden gehen will!?

Für alle, die es vielleicht nicht wissen: Ich war selbst viele Jahre Mitglied der CDU und ab 2004 zwei Wahlperioden sogar im Stadtrat. Ich habe diese Partei verlassen, nicht weil ich meinen politischen Standpunkt verändert hätte. Nein, die CDU hat sich verändert! Und ich verfolge die weitere Entwicklung daher aus einem besonderen Blickwinkel.

Der Lan­desver­band der Säch­sis­chen Union war — zumin­d­est zu der Zeit, als ich dort noch Mit­glied war — im Ver­gle­ich zu anderen Lan­desver­bän­den aus­ge­sprochen kon­ser­v­a­tiv, also rechts. Trotz der deut­lichen Linksver­schiebung der Partei, hat sich das auch für die neuen CDU-Ver­hält­nisse nicht grundle­gend geän­dert. Die Werte-Union als Sam­mel­beck­en kon­ser­v­a­tiv­er Rest­bestände der Partei ist auch in Sach­sen präsent. Der ehem. Dres­d­ner Pro­fes­sor für Poli­tik­wis­senschaften und “Pegi­da-Ver­ste­her” Wern­er Patzelt wurde ins Beraterteam für den Land­tagswahlkampf geholt.

Der Plan wäre damit eigentlich klar: Kon­ser­v­a­tive Wäh­ler sollen ange­sprochen wer­den. Man will sie hal­ten und von der AfD und aus dem Lager der Nicht-Wäh­ler zurück gewin­nen. Ohne deut­lich geschärftes kon­ser­v­a­tives Pro­fil und damit einen großen Schritt zurück nach “rechts” ist das in Sach­sen nicht zu schaf­fen. Aber bekommt Sach­sen-CDU für eine der­ar­tige Kursko­r­rek­tur grünes Licht von der Bun­de­sebene? Wohl kaum. Eher das Gegen­teil ist der Fall. Seit dem Wahlson­ntag fiel die CDU-Chefin Annegret Kramp-Kar­ren­bauer (“AKK”) durch zwei Aus­sagen auf:

  1. Schuld an der Wahlnieder­lage sind die Werte-Union und die ver­meintlich “rechte” Junge Union.
  2. Kri­tis­che, CDU-schädliche Mei­n­un­gen müssen zen­siert wer­den.

Punkt 1 ist Wahlkampfhil­fe für die AfD (vie­len Dank!) und ver­prellt auch noch die let­zten kon­ser­v­a­tiv­en Wäh­ler. Irgend­wie kann ich’s ja sog­ar ver­ste­hen. Immer­hin ist CDU-Unper­son Hans Georg Maaßen nach seinem poli­tisch motivierten Rauswurf zum Aushängeschild der Werte-Union gewor­den und kön­nte über kurz oder lang poli­tisch gefährlich wer­den. Und den mag die Führungsriege der Partei nun mal ganz und gar nicht. Außer­dem sollen Stim­men in der Partei, die für eine Zusam­me­nar­beit oder sog­ar Koali­tio­nen mit der AfD offen sind, eben­falls klein gehal­ten wer­den. Let­ztlich muss aber die CDU selb­st wis­sen, ob sie sich weit­er selb­st zer­stören und Wahlen gewin­nen will.

Von viel größer­er Trag­weite ist daher Punkt 2: “AKK” faselt(e) offen von Zen­sur im Inter­net!? Geht gar nicht. Ganz und gar nicht! Aus­lös­er war ein Video des linkspop­uli­tis­chen YouTu­bers Rezo, das er am 18. Mai ins Netz stellte. Da etwa ein­stündi­ge Video befasst sich 30 Minuten mit der ange­blich viel zu laschen Kli­ma-Poli­tik der CDU um dann anschließend Angela Merkel und ihre Kan­zler­schaft auseinan­der zu nehmen. Der Kri­tik haben sich zahlre­ichen weit­ere YouTu­ber angeschlossen. Rezo rief im Video dazu auf, am 26. Mai nicht CDU zu wählen (auch nicht CSU, SPD, keines­falls AfD, aber stattdessen Grüne oder Linke).

Dass das die CDU-Führung so kurz vor der Wahl über­haupt nicht prick­el­nd fand und entsprechend giftig reagierte, dürfte auf der Hand liegen. Denn bish­er war die CDU bei jün­geren Wäh­ler dur­chaus beliebt. Rezo und seine Unter­stützer sind aber dabei selb­st den links-grü­nen Plat­titü­den auf den Leim gegan­gen: Glaubt irgendw­er noch ern­sthaft, dass die so sehn­süchtig erwartete CO2-Steuer tat­säch­lich zur “Kli­maret­tung” einge­set­zt wer­den soll? Soll nicht ein­fach nur das massen­mi­gra­tions­be­d­ingte, immer größer wer­dende Loch im Bun­de­shaushalt gestopft wer­den? Und das let­ztlich um den Preis, dass alles wie ein gutes Stück teur­er wird und Mobil­ität und Energie immer mehr zum Luxu­sgut.

Grün zu wählen, muss man sich bekan­ntlich finanziell leis­ten kön­nen. Am Mon­tag, dem Tag nach der CDU-Wahlnieder­lage, beschränk­te sich “AKK” nicht etwa auf reumütige Fehler­analyse, son­dern warf Rezo&Co. “klare “Mei­n­ungs­mache” kurz vor der Wahl vor. Mei­n­ungsäußerun­gen im Inter­net kurz vor Wahlen müssten ein­er Reg­ulierung unter­liegen:

„Die Frage stellt sich schon mit Blick auf das The­ma Mei­n­ungs­mache, was sind eigentlich Regeln aus dem analo­gen Bere­ich und welche Regeln gel­ten eigentlich für den dig­i­tal­en Bere­ich, ja oder nein. Das ist eine fun­da­men­tale Frage, über die wir uns unter­hal­ten wer­den, und zwar nicht wir in der CDU, mit der CDU, son­dern, ich bin mir ganz sich­er, in der gesamten medi­en­poli­tis­chen und auch demokrati­ethe­o­retis­chen Diskus­sion der näch­sten Zeit wird das eine Rolle spie­len.“

(Quelle: “Tichys Ein­blick”)

Dass sich im Nach­gang auf das Stra­che-Video ein regel­rechter Mei­n­ungssturm  — selb­st in den herkömm­lichen Medi­en — gegen die AfD kurz vor der Wahl erhoben hat­te, war für die CDU-Chefin offen­bar kein Prob­lem. Auch nicht die Stim­mungs­mache gegen einen ver­meintlich recht­spop­ulis­tis­chen Popanz, in den die etablierten Parteien bere­itwillig ein­stimmten. “AKK” brachte mit ihrer Äußerung die Inter­net-Com­mu­ni­ty nur noch mehr gegen sich auf und hat ihre Aus­sage mit­tler­weile rel­a­tiviert.

Doch Vor­sicht: Diese Äußerung “AKK“s fügt sich naht­los in die Strate­gie der etablierten Parteien ein, die Mei­n­ungs­frei­heit der Bürg­er im Inter­net Stück für Stück zu beschnei­den. Man denke nur an das sein­erzeit im Schweins­ga­lopp durchgepeitschte Net­zw­erk­durch­suchungs­ge­setz von 2017. Die Lan­desme­di­en­anstal­ten gehen mit­tler­weile wohl davon aus, das § 7 Abs. 9 Satz 1 i. V. m. § 58 Abs. 3 Satz 1 des Rund­funkstaatsver­trages poli­tis­che Wer­bung im Rund­funk außer­halb der Wahlkampfzeit (Wahlkampfspots) auch bei YouTube unzuläs­sig ist. Die Einzel­heit­en dieser juris­tisch umstrit­te­nen Materie über­lasse ich den Medi­en­rechtlern.