
Lockdown für Ungeimpfte in Sachsen: 2G-Regel verfassungswidrig
In den letzten Tagen erreichten uns zahlreiche Anfragen zur Positionierung der AfD zur neuen Corona-Schutzverordnung der Sächsischen Staatsregierung. Auf eigene Ausführungen zu dieser Problematik kann ich verzichten, da die AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag in einer Stellungnahme zum Referentenentwurf der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV‑2 und COVID-19 vom 5. November 2021 (BIM-Nr. ASG.: 206‑2021, verteilt am 03.11.2021) alles gesagt hat, was dazu zu sagen ist: Die Ausweitung der 2G-Regel läuft auf einen Impfzwang hinaus und damit verfassungswidrig ist. Hier der Text:
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Namen der AfD-Fraktion bedanke ich mich, erneut zum aktuellen Referentenentwurf der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV‑2 und COVID-19 Stellung nehmen zu können.
Unsere grundsätzliche Kritik an den in der Verordnung angeordneten tiefgreifenden Grundrechtseinschränkungen, von denen sämtliche Bürger des Freistaats Sachsen seit nunmehr fast zwei Jahren betroffen sind, bleibt nach wie vor bestehen. Diesbezüglich verweisen wir auf unsere Ihnen bereits vorliegenden Stellungnahmen zu den inzwischen außer Kraft getretenen Sächsischen Corona-SchutzVerordnungen.
I. Gesamtbewertung
Nach mehr als zwanzig Monaten des Ausnahmezustands hält die Staatsregierung weiterhin an rigiden Maßnahmen fest, mit denen grundlegende Freiheitsrechte eingeschränkt werden. Wissenschaftliche Nachweise zur Wirksamkeit dieser Einschränkungen, systematische und umfassende Datensammlungen und daraus gewonnene wissenschaftliche Erkenntnisse liegen jedoch immer noch nicht vor. Es fehlt an grundlegenden Erkenntnissen dazu, ob die in der Verordnung geregelten Ge- und Verbote überhaupt geeignet und erforderlich sind, das Infektionsgeschehen zu reduzieren bzw. die Gesundheitseinrichtungen vor einer Überlastung zu schützen. Auch ist die bei staatlichen Grundrechtseingriffen erforderliche Abwägung von Nutzen und Schaden der Interventionen nicht erfolgt. Daher erfüllt die Verordnung unseres Erachtens nach nicht den in der Verfassung formulierten rechtstaatlichen Anforderungen. Durch die langanhaltende Dauer der schwerwiegenden Grundrechtseingriffe für die gesamte Bevölkerung sehen wir inzwischen große Gefahren für den Rechtsstaat als solchen. Um weiteren Schaden abzuwenden, ist es dringend notwendig, dass die Staatsregierung endlich eine Strategie entwickelt, wie mit dem Virus SARS-CoV‑2 künftig umgegangen werden kann, ohne weitere tiefgreifende Einschränkungen wesentlicher Grund- und Freiheitsrechte anzuordnen.
II. § 8 SächsCoronaSchVO-Entwurf (sog. 2G-Modell)
Die wesentliche Neuregelung des SächsCoronaSchVO-Referentenentwurfs liegt in der Einführung des sog. 2G-Modells. In der Innengastronomie, bei Veranstaltungen und in Freizeit- und Kultureinrichtungen, Klubs und Bars sowie bei Großveranstaltungen im Freien wird der Zutritt all denen Personen, die nicht geimpft oder genesen sind, verboten.
Dieses generelle Verbot, welches sich gegen gesunde, nichtinfektiöse Menschen richtet, stellt einen schwerwiegenden Eingriff in deren Freiheitsrechte dar und ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu rechtfertigen:
Es ist bekannt, dass die meisten Infektionen im privaten Umfeld, insbesondere im eigenen Haushalt erworben werden. Die in § 8 SächsCoronaSchVO-Entwurf geregelten Zugangsverbote beziehen sich allerdings auf andere Örtlichkeiten, nämlich Restaurants, Kultureinrichtungen usw. Den notwendigen Nachweis, dass diese Bereiche wesentliche Orte sind, an denen Infektionen stattfinden, kann die Staatsregierung nicht erbringen.
Des Weiteren richten sich die Zugangsverbote nur an Nichtgeimpfte /Nichtgenesene. Die Staatsregierung müsste daher zusätzlich nachweisen, dass die Ungeimpften /Nichtgenesenen deutlich häufiger das Virus übertragen als die Geimpften bzw. Genesenen. Auch diesen Nachweis kann die Staatsregierung nicht führen; mittlerweile ist wissenschaftlich bestätigt, dass Geimpfte und sogenannte Genesene sich sowohl mit SARS-CoV‑2 infizieren als auch das Virus weitergeben können. Eine aktuelle Studie(1) aus England zeigt eindrucksvoll auf, wie stark infektiös Geimpfte tatsächlich sind. Bei der Untersuchung, wie viele Haushaltsmitglieder sich von geimpften Infizierten im Vergleich zu nicht geimpften Infizierten ansteckten, konnte festgestellt werden, dass diese sog. Sekundärinfektionsrate für Geimpfte 25 % und für Ungeimpfte nahezu gleich war. Bei Geimpften lag die Rate mit 25 % sogar höher als bei den Ungeimpften (23 %). Dabei machte es wenig Unterschied, ob der Sekundärfall selbst geimpft war oder nicht (25 % gegenüber 38 %).
Die sog. 2G-Regelung formuliert also ein Verbot, das nicht geeignet ist, Infektionen zu verhindern. Sie verstößt gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip und ist verfassungswidrig.
Offensichtlich verfolgt die Staatsregierung mit der vorgesehenen Verschärfung der 2GRegelung das Ziel, den Druck auf Personen, die sich nicht impfen lassen möchten, weiter zu erhöhen. In einem Land, das auf einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung basiert, muss der Staat Menschenwürde und Menschenrechte wahren. Der Staat muss das Recht des Einzelnen garantieren, über medizinische Eingriffe selbständig und frei entscheiden zu können. Wir fordern die Staatsregierung auf, dies auch im Hinblick auf die Corona-Schutzimpfung zu gewährleisten.
Mit Nachdruck warnen wir vor den negativen Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft, die die vorgesehene Verschärfung der 2G-Regel mit sich bringen wird und rufen Sie dazu auf, eine Ungleichbehandlung der sächsischen Bürger—ob geimpft oder ungeimpft—zu unterlassen. In der Vergangenheit getätigte Aussagen von führenden Regierungsmitgliedern wie »Wir haben eine Pandemie der Ungeimpften« oder »Ungeimpfte sind verantwortlich für die Toten« haben zu einer tieferen Spaltung der Gesellschaft geführt. Die Aufrechterhaltung von Verboten allein für den Personenkreis der Ungeimpften versus eine Gewährung von Privilegien für Geimpfte wird das gesellschaftliche Klima weiter vergiften.
Wir appellieren an Sie als Staatsministerium, welches den »gesellschaftlichen Zusammenhalt« im Namen trägt:
Sorgen Sie für Verhältnisse, die ein friedliches Zusammenleben ermöglichen und stoppen Sie Ihre gefährlichen Maßnahmen, mit denen große Teile der Bevölkerung an den Rand gedrängt und als Sündenbock stigmatisiert werden!
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Urban, MdL und Fraktion
AfD-Fraktion(1) https://www.thelancet.com/iournals/laninf/article/PllS1473-3099(21)00648–4/fulltext